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Haushaltsrede am 15. Dezember 2015

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, liebe Pressevertreterinnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiter Verwaltung, lieber Herr Schrenk,

"Ey, wo is' er denn?"
Das frage ich mich, wenn ich mal wieder meinen Schlüssel suche, ich mich wundere wo schon wieder das ganze Bargeld hin ist oder mein Mann mal wieder nicht pünktlich von der Arbeit heimkommt, weil die Bahn oder die RSV oder Beide mal wieder nicht pünktlich sind.
Aber ich frage mich das auch immer öfter im Gemeinderat. Wenn ich zum Beispiel lese, dass andere Kommunen ihren Lärmaktionsplan umsetzen oder Volldampf geben bei der Planung der Regionalstadtbahn, Bürgeranhörungen veranstalten oder den eigenen Fuhrpark umkrempeln um zu prüfen wo man Fahrzeuge einsparen, sharen oder elektrifizieren kann.

"Ey, wo is' er denn" der frische Wind, der an den Toren Pfullingens an Schwung zu verlieren scheint?

Finden kann man ihn, den frischen Wind in Pfullingen durchaus! Ob das die neue Zusammensetzung des Gemeinderates ist, nämlich mit einem größeren Frauenanteil und insgesamt jünger, ob das der Ablauf und die Mitsprachemöglichkeit der Haushaltsberatung ist, ob das die Einrichtung eines Amtsblattes, eines Jahresempfangs oder eines Jugendgemeinderats ist.
Es gibt ihn also schon, den frischen Wind!
Das sind sehr wichtige Schritte in die richtige Richtung! Nämlich in Richtung Offenheit und Vertrauen in die Bevölkerung der Stadt!

Doch es braucht noch mehr davon! Und angesichts unserer angespannten Finanzlage heißt das ganz klar:
Prioritätensetzung!
Wir entscheiden hier nicht nur für uns! Wir entscheiden für die kommenden Generationen dieser Stadt! Um genau zu sein entscheiden wir für die Generation zwischen 20 und 40, die jetzt Kinder bekommt. Die hier her ziehen soll und deren Kinder nicht wegziehen sollen.
Deswegen frage ich mich: Sollen unsere Kinder noch mit Spritschleudern durch Pfullingen brettern und die Marktstraße verstopfen, wenn der Ursulabergtunnel gesperrt ist?! Sollen sich unsere Kinder immer noch durch die vielen kreuz und quer parkenden und haltenden Autos durchquetschen müssen?! Sollen unsere Kinder kilometerweit in Grundschulen laufen müssen, weil wir heute Standorte zusammenschließen?! Sollen unsere Kinder kilometerweit laufen um in ein Naherholungsgebiet zu gelangen, weil wir jedes Ecklein zubauen?! Sollen unsere Kinder bei sogenannten Trendshops einkaufen müssen und nicht mehr bei den vielen kleinen Läden, weil wir heute denken, dass das der Schlüssel zu mehr Gewerbeeinnahmen ist?!

"Ey, wo sin' se denn" die nachhaltigen, sozialen und fairen Ideen und ihre Streiterinnen und Streiter?!
Es kann nicht sein, dass Mobilität immer auf das Auto und das Grundrecht auf Parken in der Ladeneingangstür reduziert wird! Es kann nicht sein, dass wir einerseits Schulstadt sein wollen, aber unsere Grundschüler und Grundschülerinnen kilometerweit laufen lassen! Es kann nicht sein, dass wir denken, dass Stadtentwicklung nur aus Ausweisung von Baugebieten und Gewerbeansiedlung besteht!

Eine Stadt lebt von Visionen. Auch von solchen, die als Luftschlösser, als nicht realisierbar oder als in nicht absehbarer Zeit verwirklichbar gelten. (Ich denke da nicht nur an die Regionalstadtbahn, sondern auch an unser Schloss und an die Klosterkirche.)
Dazu bedarf es aber einer Priorisierung, die ausgefeilt und durchdacht sein muss. Die möglichst viele, beinahe alle, Möglichkeiten miteinbezieht, ergebnisoffen und transparent ist. Bürgerbeteiligung meint somit nicht, dass ich einen Haushaltsplan auslege und Jede und Jeder hat zu Rathausöffnungszeiten die Möglichkeit sich durch das Zahlenwerk durchzukämpfen, sondern Bürgerbeteiligung heißt gute Ideen und Visionen einzusammeln, zu sortieren, zu priorisieren und im letzten Schritt durch den Gemeinderat zu beschließen. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Bürgerbeteiligung nicht nur eine "Institutionen- und Vereinsbeteiligung" ist, sondern, dass es durchaus auch noch nicht organisierte Mitmenschen gibt, die sich auch einbringen können.
Wir müssen also gar nicht lange nach dem frischen Wind suchen oder gar zu anderen Städten und Gemeinden hochgucken, es reicht, wenn wir hier unsere Ressourcen, unsere Bürgerinnen und Bürger, miteinbeziehen und es so schaffen nachhaltig, sozial und fair entscheiden zu können.

Danke fürs Zuhören, das war ein unkonventionelles Statement und vielleicht nicht wie man sich eine Haushaltsrede vorstellt, aber eben ein bisschen frischer Wind.